Plenarrede zum Bundeswehreinsatz in Irak
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die schrecklichen Taten, die der IS in Syrien und Irak verrichtet hat, übersteigen nach wie vor jegliche Vorstellungskraft - und erst vor rund eineinhalb Jahren wurde die territoriale Macht des IS in seinen letzten Hochburgen gebrochen. Dazu haben auch die multilateralen Einsätze der Vereinten Nationen und der NATO einen überaus wichtigen Beitrag geleistet.
Unser Dank gilt an dieser Stelle den mutigen Menschen vor Ort sowie den internationalen Einsatzkräften, die dem menschenverachtenden „Kalifat“ ein Ende bereitet haben. Unvorstellbar, vor welcher Situation wir heute stehen würden, wenn die Terrororganisation nicht gestoppt worden wäre.
Doch der Einsatz hat sich bewährt: Das sogenannte Kalifat existiert so nicht mehr, das Einflussgebiet des IS hat sich sowohl in Syrien als auch Irak wesentlich verkleinert und die Organisation agiert nun hauptsächlich aus dem Untergrund heraus. Allerdings ist die Gefahr noch lange nicht vorbei – das belegt auch die hohe Anzahl an Anschlägen. Seit Oktober des vergangenen Jahres führten landesweite Massenproteste im Irak zu politischer Führungslosigkeit, Anfang des Jahres 2020 kam dann auch noch das Wirken der internationalen Einsatzkräfte vor Ort aufgrund der Corona-Pandemie nahezu zum Erliegen. Das entstandene Machtvakuum wusste der IS für sich wieder zu nutzen. Es gibt also weiterhin eine Bedrohung durch diese Terrororganisation – nicht nur für Syrien und Irak, sondern auch für Deutschland und Europa.
Zum jetzigen Zeitpunkt ein Ende des Mandates und damit das Ende des Engagements zu fordern, ist unverantwortlich. Denn natürlich muss auch Deutschland einen Beitrag im Kampf gegen Gewalt und Terror leisten – insbesondere vor der eigenen Haustür. Und insbesondere dann, wenn sich deutlich abzeichnet, dass sich die Amerikaner nicht mehr als Schutzmacht Europas verstehen und ihr Engagement in für Deutschland relevanten Regionen wie dem Nahen Osten reduzieren. Daran wird sich übrigens auch nach der US-Präsidentschaftswahl voraussichtlich nichts ändern.
Ziel unserer Außen- und Sicherheitspolitik muss es also sein, Verantwortung für die eigene Sicherheit und die eigenen Interessen zu übernehmen und zu verhindern, dass außenpolitische Probleme schließlich zu innenpolitischen Problemen werden. Die letzten Jahre haben gezeigt: Es reicht nicht aus, immer nur von der werte- und interessengeleiteten Politik zu sprechen – der Rede müssen auch Taten folgen. Der Irak ist ein Schlüsselstaat für die Stabilität im Nahen Osten. Und somit auch ein Schlüsselstaat für die Sicherheit Deutschlands und Europas. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir uns vor Ort weiter engagieren und den Irakerinnen und Irakern mit unseren Einsatzkräften zur Seite stehen, solange ihre Regierung darum bittet.
Eines dürfen wir in dieser Debatte allerdings nicht vergessen: Mit einem potenziellen Sieg über den IS ist die Arbeit im Irak noch lange nicht getan. Gerade in den letzten Monaten beobachten wir eine erschreckende Serie an Mordanschlägen gegen zivilgesellschaftliche Aktivistinnen und Aktivisten durch unterschiedliche Akteure. Die Bundesregierung sollte den neuen Ministerpräsidenten al-Kadhimi im Rahmen des vernetzten Ansatzes bei seinem Kampf gegen Korruption und militante Gruppen politisch unterstützen. Der Irak darf nicht scheitern.
Vielen Dank.