Plenarrede zu einem Antrag der Fraktion DIE.LINKE: Für eine Politik der Entspannung gegenüber Russland
Deutschland und Russland sind heute, 80 Jahre nach dem abscheulichen deutschen Angriff auf die Sowjetunion, wirtschaftlich und kulturell eng verbunden. Die deutsch-russischen Beziehungen blicken auf eine lange gemeinsame Geschichte zurück. Und Stabilität und Sicherheit in Europa sind ohne Russland nicht denkbar. - Letzteres haben schon Hans-Dietrich Genscher und Guido Westerwelle gepredigt und daran hat sich bis heute nichts verändert.
Der Kreml setzt auf Aggression statt konstruktiven Dialog
Was sich aber in der Tat verändert hat, ist die Politik Moskaus gegenüber den Mitgliedstaaten der Europäischen Union - und darüber hinaus die Rolle Russlands in der unmittelbaren europäischen Nachbarschaft.
Bedauerlicherweise setzt der Kreml immer wieder auf Provokation statt Versöhnung, auf Aggression statt konstruktiven Dialog. Man könnte fast meinen, Moskau hat vollends das Interesse an der gemeinsamen Sache verloren.
Mit dem Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ostukraine hat Präsident Putin erst kürzlich erneut gezeigt, wie wenig er von vertrauensbildenden Maßnahmen hält und wie viel ihm an militärischer Machtdemonstration und Einschüchterung gelegen ist.
Gegen westliche Demokratien führt Moskau seit Jahren erbitterte Propaganda- und Desinformationskampagnen. Wir haben gesehen, wie Wahlen manipuliert wurden. Wir haben auch den Einsatz russischer Agenten auf europäischem Bodenerlebt. Unsere höchsten Institutionen sind Opfer massiver russischer Cyberangriffe geworden. Wir mussten zusehen, wie unsere höchsten Vertreter von Putin höchstpersönlich bloßgestellt wurden. All das ist fester Bestandteil der russischen Außenpolitik.
Auch unsere direkte Nachbarschaft ist stark von der destruktiven russischen Außenpolitik geprägt: Ob auf der Krim, in Syrien oder Libyen – Russland spielt direkt und indirekt eine maßgebliche Rolle in den großen Konflikten unserer Zeit.
Gleichzeitig hält sich das System Putin auch innenpolitisch mit aller Macht und Gewalt im Sattel. Vier Monate vor den nächsten Duma-Wahlen beobachten wir, wie mit aller Härte gegen kritische Stimmen vorgegangen wird. So wird der bekannte Oppositionelle Alexej Nawalny seit seiner Rückkehr nach Russland medienwirksam im Straflager festgehalten. Doch er ist bei weitem nicht der einzige, der unter massiven Repressalien und Angriffen auf sein Leben leidet. Sein Schicksal teilen all diejenigen, die sich für Veränderungen im Land einsetzen, für politische Teilhabe, Freiheit und Menschenrechte ihre Stimme erheben.
Politik der Bundesregierung ist realitätsfern und ideologiegetrieben
Um es also auf den Punkt zu bringen: Die Politik des Kremls macht einen konstruktiven Dialog und eine Zusammenarbeit unglaublich schwer. Vor dieser Realität sollten auch die Parteien links und rechts außen nicht die Augen verschließen können. Trotzdem sind ihre Positionen bezüglich Moskau meist realitätsfern und ideologiegetrieben.
Leider lässt sich dies aktuell auch über die Politik der Bundesregierung gegenüber Russland sagen. Insbesondere mit dem Festhalten an der Gaspipeline Nord Stream II hat sich die Bundesregierung außenpolitisch isoliert, die sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands und der EU ignoriert und den transatlantischen Partnern vor den Kopf gestoßen. Diesen Fehler sollte sie schnellstmöglich korrigieren.