Haushalt des Bundeskanzlers und Bundeskanzleramtes
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Eine haushaltspolitische Debatte ist mehr als das Vortragen von Zahlen; das haben wir heute gehört. Es geht in erster Linie um die Politik, die dahintersteht. Diese Politik muss immer im Einklang mit der Realität im Land sein. Wie sieht diese Realität aus? Wir haben enorme wirtschaftspolitische und finanzpolitische Herausforderungen in unserem Land. Das Thema Migration wird uns noch eine ganze Weile beschäftigen. Und wir haben zentrale außen- und sicherheitspolitische Fragen, die wir noch in diesem Jahr beantworten müssen.
Es wurde schon mehrmals heute angesprochen: Was passiert, wenn wir Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres im Weißen Haus möglicherweise einen anderen Präsidenten haben? Dieser sagt uns dann beispielsweise: Liebe Europäer, kümmert euch selbst um den Krieg in der Ukraine und um die Sicherheitsarchitektur in Europa! – Das hat ja nicht nur außen- und sicherheitspolitische Folgen, sondern eine mögliche Präsidentschaft von Herrn Trump hätte auch handels- und wirtschaftspolitische Folgen. Deswegen ist es außerordentlich wichtig, dass wir in Deutschland und Europa auf diese Herausforderungen vorbereitet sind.
Wenn wir in dieser wirtschaftlich schwierigen Situation ein starkes Land bleiben und den Wohlstand in unserem Land bewahren und mehren wollen, dann müssen
wir dringend den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken und Deutschland wieder fit für die Zukunft machen. Der wirtschaftliche Erfolg unseres Landes ist von zentraler Bedeutung für unsere Zukunft, meine Damen und Herren. Ich will Ihnen das an dieser Stelle ganz klar sagen: Wer ökologische Transformation will, wer funktionierende soziale Sicherungssysteme will, der muss die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Menschen, Unternehmen und Betriebe in unserem Land in erster Linie entlastet, nicht aber belastet werden.
Vielleicht hat das der eine oder andere in der Politik auch vergessen, aber wir erinnern gerne daran: Es muss erst erwirtschaftet werden, bevor überhaupt verteilt werden kann, meine Damen und Herren!
Ich will die Gelegenheit nutzen, um auch zu verdeutlichen, wie wichtig in diesem Zusammenhang eine solide Finanzpolitik ist. Wir haben heute Inflation im Euroraum. Wir haben eine andere Zinsentwicklung als noch vor einigen Jahren. Wir haben Krieg in Europa. Wer in dieser schwierigen Situation eine Schuldenpolitik will, beschädigt den Wirtschafts- und Finanzstandort Deutschland und macht einen großen politischen Fehler.
Alles muss heutzutage in Deutschland nachhaltig sein; das ist auch gut so. Aber erstaunlicherweise wird in der Politik gerne vergessen, dass auch Finanzpolitik nachhaltig sein muss. Das heißt: keine Belastungen für die Zukunft und keine Schuldenpolitik auf Kosten künftiger Generationen. Wir dürfen keine Schulden machen auf Kosten künftiger Generationen. Auf Schuldenbergen kann man keine Zukunft bauen und erst recht nicht die Krisen dieser Zeit lösen.
Meine Damen und Herren, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat selbstverständlich einiges verändert. Dieses Urteil bedeutet aber, lieber Rolf Mützenich, nicht, dass wir die Schuldenbremse umgehen. Dieses Urteil bedeutet auch nicht, dass wir die Schuldenbremse schleifen, sondern dieses Urteil bedeutet, dass wir
die Schuldenbremse in diesem Land stärken, lieber Rolf. Und das ist die zentrale Botschaft des Urteils!
Ich will dir das ganz klar sagen, lieber Rolf, weil wir uns schon sehr lange kennen und ich dich auch sehr schätze. Aber es ist schon bemerkenswert: Die Einhaltung der Schuldenbremse steht so auch im Koalitionsvertrag. Gelegentlich ist es auch gut, sich den Koalitionsvertrag anzuschauen. Sich hierhinzustellen und einfach Herrn Merz das Angebot zu machen, über die Umgehung der Schuldenbremse zu reden, finde ich bemerkenswert, lieber Rolf. Wir sind beide Rheinländer. Ich habe sehr viel Verständnis für die Art des Humors hier, und von daher ist das alles in Ordnung. Alles geschenkt!
Meine Damen und Herren, ich will aber an dieser Stelle noch einmal eine Sache deutlich machen; denn das wird immer der Unterschied bleiben zwischen uns:
Wir haben ein anderes Staatsverständnis als ihr. Das ist der große Unterschied. Für uns ist das Geld des Steuerzahlers nicht eine beliebige Verteilungsmasse. Für
uns ist es übrigens auch nicht das Geld des Staates, sondern das Geld der Bürgerinnen und Bürger. Und das ist der große Unterschied. Und wenn wir von solider Finanzpolitik sprechen, dann heißt das in erster Linie: Respekt vor der Leistung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diesem Land.
Das muss gelegentlich auch in diesem Haus wieder deutlicher gesagt werden.
Der nächste Haushalt wird kommen. Die nächsten intensiven Debatten stehen auch vor der Tür. Wir werden uns für die Einhaltung der Schuldenbremse einsetzen, und wir werden Steuererhöhungen bekämpfen und vermeiden. Wir in Deutschland sind seit vielen Jahren ein Hochsteuerland. Wenn Sie mir das nicht glauben, kann ich Ihnen nur empfehlen, sich die Tabellen der OECD anzuschauen. Wir in Deutschland sind seit vielen Jahren ein Hochsteuerland. In diesem Land sind die Belastungen für die Menschen, für die Betriebe, für die Unternehmen außerordentlich hoch. Und wer in dieser Situation eine Schuldenpolitik macht, macht nicht nur einen Fehler, sondern das ist geradezu Gift für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Und noch einmal, weil das hier eine haushaltspolitische Debatte ist: Der deutsche Staat hat keine Einnahmeprobleme. Das Problem sind die Ausgaben, und da müssen wir ran!
Wenn wir über die Ausgaben reden, dann müssen wir selbstverständlich auch über das Thema Haushaltskonsolidierung reden. Ich will euch von der SPD noch eine Sache sagen, wenn ich schon hier vorne stehe: Wir werden auch gemeinsam über die Zukunft des Sozialstaates reden müssen. Denn das ist eine zentrale Frage der sozialen Gerechtigkeit in diesem Land. Der moderne funktionierende Sozialstaat darf nicht nur gerecht sein gegenüber denjenigen, die die Hilfe brauchen, sondern auch gerecht sein gegenüber denjenigen, die die Hilfe finanzieren!
Vielen Dank!