In Frieden und Stabilität investieren
Haushaltspolitische Debatten sind mehr als nur ein Vortrag von Zahlen und Haushaltspositionen. Wenn wir heute über den Haushalt des Auswärtigen Amtes reden, dann ist diese Debatte auch eine Grundsatzdebatte über den aktuellen Kurs der deutschen Außenpolitik.
Wir erleben derzeit die größten außenpolitischen Veränderungen seit 25 Jahren. Die Welt in der wir leben, hat sich grundlegend verändert. Neue Konflikte sind entstanden. Viele vorhandene sind komplexer geworden. Wir leben in einer Welt, in der wir uns vor Handelskriegen sorgen und sich Bündnisse permanent verändern. In einer Welt, in der sich sogar die Sicherheitsarchitektur wandeln kann.
Der Haushalt darf nicht hinter den realen Bedürfnissen zurückbleiben.
Die entscheidende Frage für diese Debatte lautet also: Sind wir auf diese Herausforderungen vorbereitet? Ist die deutsche Außenpolitik, ist die europäische Außenpolitik auf diese Veränderungen vorbereitet? Und was ist dabei unsere Strategie?
Ein Blick in den Haushalt gibt diese Antwort nicht. Herr Minister, das ist keine Kritik an Ihrer Regierung oder Arbeit. Das ist eine Frage, die wir alle nur gemeinsam beantworten können.
Noch im September sprach der Außenminister darüber, dass wir über mehr Verantwortung diskutieren müssten. Das ist richtig, aber dann muss die Frage gestellt werden, ob die deutsche Außenpolitik oder konkret das Auswärtige Amt die Voraussetzungen dafür erfüllt. An dieser Stelle darf der Haushalt nicht hinter den realen Bedürfnissen zurückbleiben.
Keine Antworten, keine Konzepte
Wenn wir uns die aktuellen Entwicklungen ansehen, merken wir auch, dass eben diese Herausforderungen nicht weniger werden. Sie werden mehr.
Der Rückzug der USA aus der Diplomatie, die anhaltenden weltweiten Krisen und der wiederkehrende Nationalismus gefährden den Multilateralismus. Diesen gilt es zu verteidigen. Die USA sind leider nicht mehr der Vorreiter des Multilateralismus. Damit sind Chancen und Risiken verbunden. Das kann Deutschland als Chance nutzen und sich verstärkt einsetzen. Dafür braucht es aber ein personell und technisch gut ausgestattetes sowie modernes Auswärtiges Amt.
Wenn wir uns die Krisen anschauen stellen wir fest, dass weder Deutschland, noch die europäischen Partner eine Strategie zur europäischen Außen- und Sicherheitspolitik zu haben scheinen. Es gibt keine Antwort auf den Rückzug der USA aus der internationalen Diplomatie. Es gibt kein Konzept für den Nahen und Mittleren Osten. Es gibt kein Konzept für Afrika. Es gibt keine China-Strategie.
Nicht zu vergessen die schwer belasteten Beziehungen zu Russland: Seit 2014 schauen Deutschland und Europa zu, wie Russland eine aggressive Außenpolitik betreibt.
FDP fordert Stärkung von Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit
Meine Damen und Herren, ich möchte hier keine Panikmache betreiben. Es ist ja nicht so, als stünden wir diesen Konflikten komplett machtlos gegenüber. Die Mittel und Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen, sind vorhanden. Sie müssen nur eingefordert und zielgerichtet eingesetzt werden. Und da ist eine Haushaltsdebatte genau der richtige Zeitpunkt, um über diese Dinge zu sprechen.
Zielorientiert heißt zum einen, dass die Mittel intern sinnvoll zugewiesen werden müssen.
Deswegen fordern wir in unserem Entschließungsantrag auch eine Stärkung von Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit.
Syrien, Jemen, Russland, USA, China, Saudi-Arabien, Brexit, Flüchtlingskrise. Viele Probleme und Herausforderungen auf die eine Antwort fehlt. Ich frage Sie, Herr Minister: Was ist Ihre Strategie für Syrien? Was ist Ihre Strategie für die Nachkriegsordnung in Syrien? Haben Sie einen Plan? Bislang bleiben Sie uns Antworten schuldig, dabei brauchen wir in Hinblick auf all diese Herausforderungen Europäische Lösungen.
2020 übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Ab dem kommenden Jahr hat Deutschland einen nichtständigen Sitz im EU-Sicherheitsrat inne.
Ich frage mich: Wie ist Deutschland darauf vorbereitet? Wie läuft die Abstimmung mit den europäischen Partnern? Ist Deutschland im Dialog dazu?
Warum lässt Deutschland Israel allein?
Und wo wir gerade bei den Vereinten Nationen sind: Herr Minister, können Sie mir erklären, warum Deutschland bei der Vollversammlung in der vergangenen Woche den acht Resolutionen zugestimmt hat, die Israel einseitig kritisieren? Warum lässt Deutschland Israel dabei so allein? Ist die „lebendige Freundschaft“ von der sie immer sprechen nun doch nicht so wichtig? Deutschland und Europa dürfen Israel bei den Vereinten Nationen nicht im Stich lassen. Sie müssen geschlossen auftreten gegen eine anti-israelische Lobby.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir sehen, es gibt weltweit viel zu tun. Die Herausforderungen werden mehr und vielfältiger. Deutschland darf nicht tatenlos zusehen. Deutschland muss Verantwortung übernehmen.
Dafür braucht es ein Auswärtiges Amt, das gut ausgestattet ist. Nicht nur technisch, sondern vor allem personell und inhaltlich. Der aktuelle Haushaltsplan berücksichtigt diese gestiegenen Anforderungen nicht.
Sehr geehrte Damen und Herren,
in Diplomatie zu investieren, bedeutet in Frieden und Stabilität zu investieren.