Die Situation im Jemen
Sehr geehrter Herr Präsident/Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Unabhängig von der konkreten Sachfrage der Rüstungsexporte, ist es außerordentlich wichtig, dass der Deutsche Bundestag heute über die Situation im Jemen diskutiert. Der Beginn dieses Krieges jährte sich in der vergangenen Woche zum vierten Mal. Und ein Ende dieser Katastrophe ist nicht in Sicht.
Die internationale Gemeinschaft weiß, dass im Jemen Millionen von Menschen kurz vor dem Hungertod stehen – und viele bereits verhungert sind. Doch die internationale Gemeinschaft schaut weg. Auch medial findet der Krieg bei uns so gut wie gar nicht statt. Wie kann es sein, dass die Welt die Augen vor einer solchen humanitären Katastrophe verschließt? Mir ist das ein Rätsel.
Stattdessen sind diese Menschen den eigentlichen Kriegstreibern - Saudi-Arabien und Iran - hilflos ausgeliefert. Beide Staaten haben sich eingemischt und sind seit geraumer Zeit verantwortlich für Leid und Elend. Sie haben aus diesem ursprünglich innerjemenitischen Konflikt einen blutigen und brutalen Stellvertreterkrieg gemacht.
Dabei geht es den beiden Erzfeinden weniger um religiöse, als um knallharte machtpolitische Interessen. So hat der Iran zuletzt seinen Einfluss in Irak, Libanon und Syrien ausgeweitet – nun greift er auch nach Sanaa. Während Deutschland und die EU den Iran bei der Rettung des Atomabkommens unterstützen, sind sie gleichzeitig nicht in der Lage, mit dem Iran erfolgreich über dessen aggressive Regionalpolitik zu sprechen.
Doch auch der Umgang mit Saudi-Arabien wirft immer wieder Fragen auf. Diese Bundesregierung hat in Zusammenhang mi Saudi-Arabien immer von einer strategischen Partnerschaft gesprochen. Was das konkret bedeutet wurde nie beantwortet.
Diese Bundesregierung hat in der Vergangenheit die Situation der Menschenrechte in Saudi-Arabien ignoriert. Sie tut so, als hätte sie mit dem Fall Kashoggi zum ersten Mal von Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien erfahren. Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien hat es vor dem Fall Kashoggi gegeben und es wird sie weiterhin geben.
Meine Damen und Herren, es mutet absurd an, eine wertebasierte Außenpolitik vertreten zu wollen und gleichzeitig Rüstungsgüter in Krisengebiete und Diktaturen zu exportieren. In Zusammenhang mit Saudi-Arabien und der damit verbundenen regionalen Bedeutung ist es selbstverständlich ein Abwägungsprozess. Und man sieht, wie schwer es für die europäischen Staaten ist, bei dieser Frage eine gemeinsame Linie zu finden.
Wir finden, es ist höchste Zeit für transparente europäische Exportrichtlinien – mit einem starken Fokus auf den außen-, sicherheits- und menschenrechtspolitischen Auswirkungen. Aber auch wirtschaftliche Fragen sind entscheidend. Wer sich hinstellt und behauptet, dass diese Debatte keine wirtschaftspolitische Komponente beinhaltet, sagt nicht die Wahrheit.
Die unabgestimmten Alleingänge der Bundesregierung schaden Deutschland in jeder Hinsicht. Weder wird den Partnern gegenüber Verlässlichkeit demonstriert noch wird maßgeblicher Druck auf die Kriegsbeteiligten in Jemen ausgeübt. Scheinlösungen und nationale Alleingänge, mit denen man die finale Verantwortung einfach Großbritannien oder Frankreich überlässt, sind nicht zielführend. Sie sind feige. Europa muss sich dieser Debatte gemeinsam stellen.