Bijan Djir-Sarai

1. Todestag Mahsa Jina Amini im Iran

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Das ist eine sehr wichtige Debatte, und wir sollten diese Debatte nicht parteipolitisch führen. Diese Vereinbarte Debatte dient dem Gedenken an die mutige Frau Jina Mahsa Amini.

Bei dieser Debatte wollen wir uns heute an sie, ihren Namen, ihr Leben und daran, wie grausam ihr Leben beendet worden ist, erinnern. Wir wollen heute auch an die mutigen Menschen im Iran erinnern, die seit Jahren auf den Straßen, in den Fabriken, in den Schulen und Universitäten für Freiheit und Demokratie kämpfen.

Wir denken heute auch an die Millionen Menschen, die in den letzten Jahren verschleppt, gefoltert und in den Gefängnissen des Regimes ermordet wurden. Jede Biografie ist einzigartig, und wir werden diese Menschen niemals vergessen. Das Erinnern an diese Menschen ist für die heutige Debatte von zentraler Bedeutung

Meine Damen und Herren, das Erinnern allein wird aber nicht ausreichen. Denn die Mörder von Jina Mahsa Amini, die Folterer und die Verbrecher des Regimes, die eklatante Menschenrechtsverletzungen an Iranerinnen und Iranern begangen haben, werden im heutigen Iran nicht zur Verantwortung gezogen. Ob Revolutionsgarden, Minister oder Staatspräsident: Diese Leute müssen für ihre Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen international zur Verantwortung gezogen werden. Sie dürfen mit ihren grausamen Verbrechen nicht davonkommen, meine Damen und Herren.

Daher müssen wir alle Instrumente und Institutionen des Völkerrechts nutzen, um die Menschenrechtsverletzungen im Iran zu artikulieren, die Verantwortlichen personenbezogen zu sanktionieren und zur Verantwortung zu ziehen. Wir müssen anerkennen, was für große Veränderungen im Iran derzeit passieren. Das, was im Iran stattfindet, ist fundamental anders als in der Vergangenheit.

Die Menschen im Iran wollen heute keine punktuellen Veränderungen, die Menschen im Iran wollen heute nicht die Reform der Islamischen Republik, sondern sie wollen die komplette Abschaffung der Islamischen Republik. Die Menschen dort demonstrieren für Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und Bürgerrechte. Deshalb haben die mutigen Menschen im Iran unsere volle Solidarität und Unterstützung verdient.

Es sind unsere Werte, die die Menschen im Iran hochhalten, und es ist im Interesse Deutschlands, Europas und der freien Welt, dass dieses menschenverachtende Regime scheitert.

Meine Damen und Herren, die EU braucht dringend eine andere Strategie. Auch das gehört zu dieser Debatte dazu. Die permanente Fokussierung auf das Atomabkommen ist ein Irrweg. Die Menschen im Iran glauben nicht an das Abkommen. Israel hält das Atomabkommen für höchst problematisch, und auch die arabischen Staaten halten dieses Abkommen für nicht zielführend. Warum glauben wir, es besser zu wissen als die Menschen in dieser Region?

Das Regime in Teheran wird alles dafür tun, um politisch von den Verhandlungen zu profitieren und gleichzeitig eine verdeckte Atommacht zu werden. In den letzten Tagen konnte man sehr genau sehen, wie die Islamische Republik mit dem Atomabkommen umgeht. Das Regime hat wiederholt Inspekteuren die Akkreditierung entzogen. Auch das ist eine Aussage, die für sich steht und die wir genau beachten müssen.

Und wir müssen die Revolutionsgarden auf die Terrorliste der EU setzen.

Diese sind, meine Damen und Herren, eine zentrale Säule im Regime und Hauptträger des Systems. Sie sind verantwortlich für Menschenrechtsverletzungen und Terror im Iran und außerhalb des Irans. Es ist rechtlich möglich, diese auf die Terrorliste der EU zu setzen. Man muss es nur politisch wollen. Und das ist die Frage, mit der sich die Europäische Union dringend beschäftigen muss.

Meine Damen und Herren, während wir hier diskutieren, sitzen Millionen Menschen im Iran – auch Freunde und Verwandte – in den Folterkellern und Gefängnissen dieses Regimes, darunter ausländische Staatsbürger, europäische Staatsbürger und auch deutsche Staatsbürger: Nahid Taghavi, Jamshid Sharmahd und Reza Shahri. Es ist für uns unvorstellbar, wie viel Leid diese Menschen und ihre Familien erfahren. Diese Form der Geiselpolitik muss dringend aufs Schärfste verurteilt werden.

Ich bin, liebe Kolleginnen und Kollegen, felsenfest davon überzeugt – und das hat die Geschichte oft bewiesen –, dass keine Macht der Welt den Wunsch nach Freiheit und nach einem Leben in Freiheit aufhalten kann. Dass dieser Wunsch in Erfüllung geht, das wünsche ich mir von Herzen für die mutigen Frauen und Männer im Iran. Frau, Leben, Freiheit! Zan, Zendegi, Azadi!

Vielen Dank!

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